Eine Geschichte aus dem Schlaraffenland

Mei­ne Oma liebt gutes Essen und ich muss zuge­ben, ein biss­chen sieht man es ihr an. Mehr­mals pro Woche begibt sie sich mit ihrem Wei­den­körb­chen auf den Wochen­markt. Dort hält sie zunächst ein Schwät­zen mit dem Kar­tof­fel­ver­käu­fer und dem Gemü­se­händ­ler. Sie lässt sich über die Ern­te infor­mie­ren und die Bedin­gun­gen der letz­ten Tage – zu viel Regen, zu wenig Was­ser, zu star­ke Son­ne, zu kalt.

Danach wid­met sie sich der Ware, prüft zunächst nur mit den Augen, nimmt die Pro­duk­te dann in die Hand und betas­tet sie. Hin und wie­der riecht sie an einem Bün­del fri­scher Kräu­ter und bevor etwas in ihrem Bast­körb­chen lan­det, hat es bereits eine Genuss­ana­ly­se hin­ter sich. Mei­ne Oma ist ein Ästhet. Nur die bes­te Qua­li­tät lan­det in ihren Töp­fen und jedes Mal, wenn ich in der Küche mei­ner Oma ste­he, kom­me ich mir vor wie im Schla­raf­fen­land.

Nun, ich bin neu­lich dort gewe­sen. Nicht in der Küche mei­ner Oma, son­dern im Schla­raf­fen­land. Heu­te heißt es jedoch Mer­ca­do Muni­ci­pal de São Pau­lo. Die Flüs­se aus Milch und Honig habe ich zwar nicht gese­hen, aber ich bin mir sicher, dass sie da sind.

Der Markt ist ein Temp­le des guten Essens, ein Palast der Gour­met­kü­che oder ein­fach nur die spek­ta­ku­lärs­te Zur­schau­stel­lung von Lebens­mit­teln, die ich bis­her gese­hen habe. Auf Hoch­glanz polier­te exo­ti­sche Früch­te tür­men sich, zu exak­ten Pyra­mi­den gesta­pelt, in der Aus­la­ge. In der Früch­te­ab­tei­lung lie­gen saf­ti­ge, rot leuch­ten­de Erd­bee­ren zum Pro­bie­ren bereit, deren süßer Geschmack nur noch von den Fin­ger­glied gro­ßen Brom­bee­ren neben­an über­trof­fen wird.

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Über­all erfül­len süße Düf­te die Luft. Ana­nas, Melo­nen, Pfir­si­che, Trau­ben, Kak­tus­fei­gen, Man­go, Mara­cu­ja und jede Men­ge ande­re exo­ti­sche Früch­te wie Jaca, Buri­ti, Tama­rin­de, Jabu­ti­ca­ba, Gua­ve, Gra­vio­la und Cupu­a­çu sind hier zu fin­den. Jedes ein­zel­ne Exem­plar ist in makel­lo­sem Zustand, nicht ein Schat­ten befleckt die Scha­le, nicht ein Blatt ist geknickt.

Eben­so zurecht­ge­macht wie die Früch­te, sind die Ver­käu­fer. In ihrer bun­ten Arbeits­klei­dung strah­len sie mit ihrer Aus­la­ge um die Wet­te, wäh­rend die unzäh­li­gen Schau­lus­ti­gen und Käu­fer um sie her­um schwir­ren.

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Wei­ter geht es vor­bei an Ber­gen von Tro­cken­obst und rie­si­gen auf­ein­an­der­ge­sta­pel­ten Dat­teln in die Abtei­lung für Gemü­se und Gewür­ze. Selbst klei­ne unschein­ba­re Boh­nen wir­ken hier, im Schla­raf­fen­land der Moder­ne, wie beson­de­re Lecker­bis­sen der Extra­klas­se. Die von den Früch­ten süß par­fum­ier­te Luft weicht nun den pikan­ten Aro­men der Kräu­ter und Gewür­ze aus aller Her­ren Län­der. Klei­ne Säck­chen, gefüllt mit gerie­be­nen Toma­ten hän­gen neben Safran, Kori­an­der und Cur­ry. Mus­kat, Piment und Fen­chel befin­den sich gleich dane­ben. Schrum­pe­li­ge Chi­li­scho­ten, nach Schär­fe­gra­den sor­tiert, machen mit Warn­schil­dern auf die Gefahr ihres Ver­zehrs auf­merk­sam. Gegen­über ste­hen meh­re­re Rega­le voll­ge­stopft mit exzel­len­ten Oli­ven­ölen und ver­schie­dens­ten Essig­sor­ten.

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Wir wis­sen kaum wie uns geschieht. Vor so viel Ange­bot kön­nen wir den Blick kaum von den Fla­schen und Gewürz­be­häl­tern abwen­den und lan­den so eher zufäl­lig vor einem Stand, der wie auf einen Schlag all unse­re Auf­merk­sam­keit ver­langt. In der Aus­la­ge liegt: KÄSE! Käse in sagen­haf­ten Men­gen. Gan­ze Lai­ber Eda­mer, Gou­da, Til­si­ter, Moza­rel­la, Frisch­kä­se, Blau­schim­mel­kä­se, Weich­kä­se. Es bleibt kei­ne ande­re Wahl, wir pro­bie­ren uns durch alle Sor­ten und jede ein­zel­ne ist ein Genuss. Ja, wir lie­ben Käse.

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Wei­ter den Gang hin­un­ter fin­det das sel­be Schau­spiel statt. Nur strotz die Aus­la­ge dies­mal vor Sala­mi­rin­gen, Schin­ken und Bacon in über­di­men­sio­na­len Men­gen. Geräu­cher­te Bei­ne bau­meln von der Decke und zwi­schen ihnen das größ­te Stück Rauch­fleisch, das ich je gese­hen habe. Mehr als einen Meter lang hat es die Aus­ma­ße eines Box­sacks, auf den wohl selbst Mike Tyson nur mit Mühe über 12 Run­den ein­schla­gen wür­de.

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Nun fehlt nur noch die Fisch- und Mee­res­früch­te­ab­tei­lung. Wie alle ande­ren Abtei­lun­gen gleicht auch sie einem Schrein. Aus­tern, Jakobs­mu­scheln und Venus­mu­scheln strei­ten sich um den bes­ten Platz auf der eis­ge­kühl­ten Aus­la­ge mit Fischen, Kra­ken, Gar­ne­len und Lan­gus­ten.

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Hät­ten wir nicht an den vie­len ver­schie­de­nen Stän­den genascht, so wür­den wir uns jetzt sicher in einem der Restau­rants des Mark­tes die eben begut­ach­te­ten Lecke­rei­en ser­vie­ren las­sen. Statt­des­sen ver­las­sen wir schwe­ren Her­zens das Schla­raf­fen­land.

Noch auf der Tür­schwel­le schau­en wir ein letz­tes Mal zurück. Dort die leuch­ten­den Far­ben der Früch­te, hier die aro­ma­ti­schen Gewür­ze, dahin­ter der pracht­vol­le Käse und die Fleisch­ab­tei­lung. Etwa 450 Ton­nen Lebens­mit­tel der Spit­zen­qua­li­tät wer­den pro Tag auf dem Markt ver­wer­tet. Für einen kur­zen Moment haben wir das ess­the­ti­sche Para­dies erlebt. Das muss ich mei­ner Oma erzäh­len.

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Antwort

  1. Avatar von teplitcaQuish

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